Konzertfotograf Mario Schickel ist mit seiner Sony Alpha 7 Mark II Kamera auf Konzerten im Einsatz. Ein Interview mit nützlichen Tipps zur Konzertfotografie lest ihr hier.

Hallo Mario, stell dich bitte unseren Lesern vor – wer bist Du und wie bist Du zur Konzertfotografie gekommen?

Ein herzliches „Gude“ aus dem Hessenland und vielen Dank für die Gelegenheit zu diesem Interview. Ich heiße Mario, bin 30 Jahre alt und das Thema Fotografie begleitet mich seit ca. 2012.

Den Stein, hat für mich ein langjähriger Freund und Wegbegleiter ins rollen gebracht, der selbst seit vielen Jahren als Fotograf tätig ist. Für ein Photoshooting fehlte ihm eine helfende Hand, kurz entschlossen sprang ich also für den Assistenten Job ein. Daraufhin begleitete ich ihn auch bei einigen weiteren Aufträgen. Dadurch inspiriert, wurde mein Interesse für die Fotografie geweckt. 2012 entschloss ich mich für den Kauf einer eigenen Spiegelreflexkamera.

Mario Schickel im Interview - Konzertfotos Checkliste & Experten-Tipps - Live Shots KonzertfotosFür die ersten Landschaftsaufnahmen und Portraitaufnahmen von Freunden und Bekannten wagte ich mich erstmals selbst hinter die Linse. Alles was ich an Wissen im Netz finden konnte, versuchte ich auch in der Praxis umzusetzen. Der klassisch autodidaktische Weg sozusagen.

Einige Zeit später mit etwas mehr Knowhow, Selbstsicherheit und Erfahrung im Gepäck, versuchte ich mich an den ersten ernstzunehmenden Portraits. Anfragen für Shootings häuften sich. Also richtete ich mir ein eigenes Foto-Studio bei mir Zuhause ein. Das anfängliche Hobby entwickelte sich regelrecht zur echten Leidenschaft. Die positive Resonanz auf meine Fotos motivierte mich und waren somit Antrieb für weitere Foto-Projekte.

Neben der Leidenschaft zur Fotografie war die zu der Musik schon immer ein treuer Begleiter. Während eines Konzertbesuches beobachtete ich die Konzertfotografen vor der Bühne und es reifte der Gedanke, selbst mal dort vorne den Auslöser drücken zu dürfen.

Streng geregelt: Fotografie auf Konzerten

Auf gut Glück das Konzertfotografie Equipment mitschleppen funktioniert nicht, denn für jedes Konzert benötigt man eine Akkreditierung inkl. Fotopass. Nach mehreren Konzert Anfragen an diverse Konzertveranstalter erfolgten zahlreiche Absagen, daraufhin stellte sich relativ schnell Ernüchterung ein. Als Freelancer ohne Referenzen, gestaltete sich der Einstieg in die Konzertfotografie eher schwierig.

Über ein Online-Magazin das sich auf Konzertberichterstattung spezialisert hatte, erhielt ich erstmals die Gelegenheit die Band The Decemberits, in Berlin fotografieren zu dürfen.

Seit 2017 fotografiere ich für das Pressure Magazine. Mein persönliches Highlight waren die Foo Fighters im Jahr 2018 in Hamburg.

Wie bekomme ich eine Akkreditierung und Fotopass für ein Konzert? Hier klicken

Mit welcher Kamera und zusätzlichem Equipment fotografiert Du bei Konzerten hauptsächlich?

Die wechselnden Lichtverhältnisse auf Konzerten können manchmal zur echten Herausforderung werden, von großem Vorteil ist es daher auf Equipment mit genügend Lichtreserven zurückgreifen zu können. Hat man die Chance direkt aus dem Kameragraben vor der Bühne fotografieren zu dürfen, sind Objektive mit Festbrennweiten das non plus Ultra für jeden Konzertfotografen.

Zum Einsatz kommt bei mir eine 50mm Festbrennweite (Blende F1,8) auf einer Sony Alpha 7 Mark II Vollformat Systemkamera. Mit dieser Kombination gelingt es mir auch bei schwächsten Lichtbedingungen noch brauchbare Ergebnisse zu erzielen.

Nachteil: Der fehlende integrierte Zoom des Objektives. Den gewünschten Bildausschnitt muss man durch Bewegung und die Entfernung zum Künstler erzielen.

Eine Ausnahme hingegen gestaltet sich beim fotografieren aus der FOH (Front of House) Position. Hierbei ist es Vorgabe des Künstlers bzw. Künstler Managements die Fotos aus einer gewissen Distanz zur Bühne einzufangen. In der Regel darf man sich dann den Platz mit den Licht & Soundtechnikern teilen.

Ein Telezoom-Objektiv mit einer langen Brennweite ist in diesem Fall unabdingbar. Ich verwende für den Einsatz Brennweiten von 70-200 mm bzw. 100-400 mm, sollte die Entfernung zur Bühne doch mal größer als erwartet ausfallen. Oftmals auch in Verbindung mit einem Telekonverter um noch näher ans Geschehen zu kommen.

Nachteil: Fotografieren aus der FOH Position bietet meist nur wenig kreativen Spielraum, gerade in Hinsicht auf Perspektive & Bildausschnitt. Das knipsen aus dem Fotograben macht wesentlich mehr Spaß.

Wie bereitest Du Dich auf eine Show oder die jeweiligen Künstler vor?

Da gibt es für mich kein einheitliches Konzept. Jede Show gestaltet sich ganz individuell. Ob nun das Open Air mit 60.000 Menschen, das ausverkaufte Hallenkonzert oder der kleine Club Gig, hierbei ist nur die eigene Erfahrung von Vorteil. Meist schau ich mir vorab noch Konzertmitschnitte des jeweiligen Künstlers an, um ungefähr einschätzen zu können, wie dieser auf der Bühne agiert.

Die Vorbereitung ist die halbe Miete, hierzu gehört der Equipment Check vor jedem Konzert:

Konzertfotografie Checkliste

  • Sind die Akkus ausreichend geladen
  • Ist die Speicherkarte formatiert
  • Hat man das richtige Objektiv im Gepäck
  • Müssen Formalitäten vor Ort geklärt werden, Stichwort: Fotovertrag
  • Ausdruck oder E-Mail der Akkreditierungsbestätigung des Veranstalters
  • Adresse und Anfahrtsbeschreibung zur Veranstaltung
  • Einlass und Spielzeiten der Bands

Pünktlichkeit spielt definitiv auch eine große Rolle. Steht man also 10 Minuten vor Showbeginn noch im Stau ist nicht nur der Veranstalter angepisst, sondern man hinterlässt auch einen sehr unprofessionellen Eindruck. Da gilt nur frühzeitig losfahren und genug Zeit einkalkulieren. Keiner wartet auf Dich!

Billy Idol (2018) Foto: Mario Schickel
Billy Idol (2018) Foto: Mario Schickel

Welche Tipps zur Musikfotografie kannst Du anhand Deiner Erfahrung geben, um den perfekten Moment einzufangen?

Während ich bei den ersten Konzerten noch den Auslöser habe glühen lassen, um eine möglichst große Bildausbeute zu erzielen, drücke ich mittlerweile gezielter und überlegter ab.

In der Regel stehen dir nur die ersten 3 Songs auf einem Konzert zur Verfügung und da sollte man nicht lange fackeln, um möglichst viele Momente der Show einzufangen. Viel wichtiger finde ich den Perspektivwechsel und das man in Bewegung bleibt. Das verleiht den Fotos Abwechslung und Identität.

Kennt man die Band und deren Songs gut, kann man teilweise sogar abschätzen, wann sich gewisse Highlights anbahnen, um dann im perfekten Moment auszulösen.

Die Kunst der Konzertfotografie ist es möglichst unauffällig zu agieren

Für mich ist es wichtig die Sicht anderer Fotografen oder Fans nicht zu behindern. Dunkle Klamotten sind so gut wie immer von Vorteil.

Experten-Tipp:
 Die Kamera ruhig auch mal seitlich etwas neigen, das verleiht den Fotos später mehr Dynamic.

Welche Einstellung deiner Kamera nutzt du am häufigsten auf Konzerten?

Während ich die Werte für Verschlusszeit und Blende einmal zu Beginn des Konzertes festlege, sind ISO-Wert und die Positionierung der Fokuspunkte die von mir am häufigsten benutzten Kamera Settings.

Mit der Anhebung des ISO-Wertes erhöhe ich die Empfindlichkeiten des Kamerasensors und kann so die wechselnden Lichtbedingungen ausgleichen. Den Fokus setze ich ausschließlich manuell, hierbei achte ich darauf das unbedingt die Augen oder das Gesicht des Künstlers im Fokus liegen. Ausnahmen bestätigen die Regel, will man z.B. das Instrument in den Vordergrund stellen, gilt es den Fokus entsprechend anzupassen.

Wie sieht die kreative Arbeit nach dem Konzert aus? Wieviel Zeit und Energie steckst Du in die Nachbearbeitung und wie hoch ist die Erfolgsquote Deiner Bilder?

Die eigentliche Arbeit beginnt für mich erst mit der Nachbearbeitung.

Es bleibt leider nicht aus, dass ein nicht unerheblicher Teil der Konzertfoto unter den Tisch fallen. Das kann folgende Gründe haben:

  • Unter- oder Überbelichtung
  • Fokus sitzt nicht zu 100%

Diese Bilder werden dann aussortiert und wandern direkt in den Papierkorb.

Es gibt allerdings Aufnahmen bei denen eine Pose des Künstlers einfach viel zu gut getroffen ist, um das Bild zu verwerfen. Mit der RAWBildbearbeitung in Adobe Photoshop ist es möglich, Informationen ins Bild zurückholen die im ersten Moment für das bloße Auge verloren zu sein scheinen. So gelingt es mir in vielen Fällen ein Foto z.B. durch die Anpassung der Belichtung zu retten.

Aber auch zur Aufwertung der Bilder selbst ist Photoshop für mich nicht mehr weg zu denken. Durch Anpassung von Kontrast-, Licht-, Farb-Werten etc. lässt sich ein ganz individueller Bildlook erstellen, dadurch ist es möglich eine besondere Atmosphäre noch weiter hervorzuheben. Auch mit Verlaufsfiltern und Vignettierungen arbeite ich gerne. Unter Umständen kann die Bearbeitung pro Bild dann schon mal bis zu 30 Minuten beanspruchen.

In welcher Region und welchen Städten bist Du häufig anzutreffen und was sind Deine bevorzugten Locations?

Hauptsächlich bin ich in meiner Heimat, also im Raum Frankfurt am Main und Wiesbaden aktiv. Da mich mein Hauptberuf zeitlich ziemlich einspannt, kommen überregionale Konzerte nur an Wochenenden oder in Verbindung mit Urlaub in Frage.

Im allgemeinen bevorzuge ich die etwas kleineren Venues, da ist man einfach näher am Geschehen und die Bühnen sind nicht so hoch, wie in großen Hallen. Das vereinfacht den Fotoeinsatz ungemein und die Atmosphäre in den Clubs ist sehr viel intimer. Ich fotografiere sehr gerne im Gibson Club Frankfurt.

Erinnerst Du Dich an das erste Konzert erinnern, das Du fotografiert hast? Welche Show war es und wie war die Situation?

Eines der ersten Konzerte und gleichzeitig auch eines meiner persönlichen Konzerthighlights war das Helldone Festival 2015 in Finnland (Helsinki). Bands wie HIM oder The 69 Eyes die ich schon lange Zeit zu meinen absoluten Favoriten zähle standen auf einmal vor meiner Linse.

Wie lange hat es für Dich gedauert Deinen persönlichen Stil zu finden?

Interessante Frage, darüber habe ich mir bisher ehrlich gesagt noch keine größeren Gedanken gemacht. Ich finde man sollte sich selbst ein Maßstab sein mit dem auch die eigenen Ansprüche stätig wachsen. Es ist aber keinesfalls so, dass ich mir zum Ziel setze, ein Bild müsste jetzt so oder so aussehen, um meinem Stil zu entsprechen.

solange man etwas aus Freude und Überzeugung macht, ergibt sich der eigene Stil ganz von selbst.

In wie weit haben Dir Fachmagazine, Bücher oder Tutorials von anderen Fotografen dabei geholfen?

In meiner Anfangsphase habe ich eigentlich täglich Artikel zu sämtlichen Themengebieten der Fotografie gelesen. YouTube ist ein guter Helfer, wenn es um Fotografie Tutorials geht.

Besonders inspiriert und motiviert hat mich damals die Landschaftsfotografie von Benjamin Jaworskyj. Seine Art und Weise Wissen zu vermitteln gefiel mir sehr. Durch viele seiner Tipps habe ich das Fotografieren erst richtig verstanden.

Welches Deiner Konzertfotos ist dir besonders gut gelungen?

Aktuelle gehören die Konzertbilder von Dave Grohl von den Foo Fighters & Cardinal Copia von Ghost zu meinen Favoriten.

Dave Grohl von Foo Fighters (2018) - Konzertfoto: Mario Schickel
Dave Grohl von Foo Fighters (2018) – Konzertfoto: Mario Schickel
Cardinal Copia Ghost (2019) - Konzertfoto: Mario Schickel
Cardinal Copia Ghost (2019) – Konzertfoto: Mario Schickel

Mehr erfahren auf der Webseite

Mario Schickel Stage Shots facebook Seite: facebook.com/MSSTAGESHOTS/

Interview von Marcus Liprecht am 2. April 2019

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Musik-Experte und Konzertfotograf. Chefredakteur und Gründer von Konzertfotos.app (seit 2019), Pressure Magazine (seit 2010) und Oivision (2000-2008)

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