Rocky Horror Show feierte Februar bis März 2018 sein Comeback in Deutschland. So schön war die Horror Show am 23. Februar im Deutschen Theater in München. Fotos haben wir im Gepäck.
Wie ihr wisst, bin ich eigentlich ein großer Musical- und Film-Fan. Umso erstaunlicher muss es für euch klingen, wenn ich sage, dass ich bis dato tatsächlich weder die Rocky Horror Show, noch den darauf basierenden Spielfilm gesehen habe. Nun hat sich das zum Glück geändert und ich durfte, ohne jegliche Vorinformation (mit Ausnahme des Programmheftes), der Premiere 2018 im Deutschen Theater in München beiwohnen.
Eins kann man schon mal vorweg nehmen. Es besteht kein Zweifel daran, dass man nach einem Besuch dieses Events (anders kann man es einfach nicht bezeichnen) keine weiteren Gründe braucht, um zu verstehen, warum Richard O`Brien’s Rocky Horror Show seit den 70ern fast ununterbrochen irgendwo auf dieser Welt aufgeführt wird und die Verfilmung seit Dekaden in ausgewählten Kinos quasi in Endlosschleife läuft.
Zunächst einmal zum Plot, der nur einen Teil des Erlebnisses ausmacht:
Das junge Pärchen Brad (Felix Moose) und Janet (Sophie Isaacs) haben sich frisch verlobt und wollen ihr Glück mit der Welt oder zumindest erstmal mit Brads ehemaligem Lehrer Dr. Scott teilen und fahren dafür in einer regnerischen Novembernacht los. Wie es der Zufall so will, kriegen sie eine Reifenpanne und suchen entsprechend Hilfe in der näheren Umgebung. Diese ist in dem Fall ein nahegelegenes Schloss wie aus einem Horrorfilm der Stummfilmära, dass von einem exzentrischen, pansexuellen Wissenschaftler namens Frank’n’Furter (Gary Tushaw) bewohnt wird, der vom Planeten Transexual aus der Galaxie Transylvania stammt und den Namen nach entsprechend auch in seinem Erscheinungsbild eingeordnet werden kann. Hinzu gesellen sich seine Diener und Mitbewohner um die Geschwister Riff Raff (Stuart Matthew Price) und Magenta (Anna Lidman), die nur die Speerspitze der seltsamen Gestalten im Schloss ausmachen. Als allwissende Figur am Rande des Schauspiels und als Erzähler findet sich außerdem niemand Geringeres als Sky du Mont, der im ständigen Schlagabtausch mit dem Publikum (Stichwort „boring!“) perfekt zu unterhalten weiß.
Begeistert vom unerwarteten Besuch möchte der Hausherr dem eingeschüchterten Paar seine bisher größte Schöpfung zeigen: einen blonden, muskulösen Schönling, der als künstliches Wesen hauptsächlich zum „Vergnügen“ seines Erfinders erschaffen wurde und dem Musical seinen Titel gibt: Rocky!
Rocky Horror Show – Mord, Sex und viel Musik
Damit beginnt eine wilde Nacht, die nur so von Mord, Sex und viel Musik überbrodelt und den Zuschauer in ekstatischer Freude vom Sitz reisst. Das kann man wortwörtlich nehmen, denn passend zu bestimmten Bereichen des Stücks, werden die Zuschauer geradezu dazu aufgefordert aktiv das Geschehen mitzugestalten. Sollte man als Fan länger dabei sein, ist man sicher vorbereitet, aber auch Neulingen wird eine Chance eingeräumt, indem ein „Mitmach-Paket“ mit Knicklichtern, Gummihandschuhen, Spielkarten, Toilettenpapier, Zeitungen, Konfetti und vielem mehr ausgegeben wird, um die Stimmung zum kochen zu bringen. An welchen Stellen des Musicals, welches Gimmick zum Einsatz kommt, kann man dabei entweder der sehr unterhaltsamen beiliegenden Anleitung entnehmen oder sich von der erfahrenen Masse mitreißen lassen. In beiden Fällen ist das Ergebnis gleich: Ein riesiger Spaß, den man so in keiner anderen Show erlebt!
Don’t Dream It, Be It.
Einen gewaltigen Anteil an der Stimmung hat natürlich auch das Hauptelement der Gattung Musical: Die Songs. Im Fall der Rocky Horror Show ist das aber nicht wie oftmals nur der Titelsong, der den Hörern im Gedächtnis bleibt, sondern eine ganze Reihe an Stücken, die man noch auf dem Nachhauseweg vor sich hin summt. Allen voran „The Time Wrap“, der den meisten etwas sagen sollte, wenn der Refrain erklingt, selbst wenn sie die Show noch nie gesehen haben. Dazu gesellen sich unvergessene Klassiker wie der Opener und Rausschmeisser „Science Fiction Double Feature“, „Dammit, Janet“ oder „Don’t Dream It, Be It.“ Dabei handelt es sich zum Glück nicht um auf klassischen Rezepten basierende Kost, sondern um Jahrzehnte nach der Uraufführung immer noch frische Tracks, die ihre Ursprünge zwischen Pop und Glam-Rock finden und damit die anarchische Stimmung auf der Bühne perfekt ergänzen.
Alles in allem also ein Gesamtpaket, dass ich so noch nie zuvor erleben durfte und mich daher umso mehr über mich selbst ärgern lässt, da ich nicht früher auf die Idee gekommen bin, mir dieses Spektakel persönlich anzusehen. Eins kann ich nun mit Sicherheit sagen: The Rocky Horror Show hat nicht umsonst eine immer größer werdende Fan-Gemeinde, die sich mit Sicherheit nicht nur aus dem üblichen Klientel speist, sondern mit einem im besten Sinne grenzüberschreitenden Plot und einer fantastischen Mischung aus Science Fiction, Horror, Comedy und Burlesque auch für Freude bei Menschen sorgt, die sich das erste Mal in ein Musical verirrt haben! Ich für meinen Teil werde sicher nicht das letzte Mal dabei gewesen sein und kann jedem nur ans Herz legen, es mir gleich zu tun!
Bericht von Igor Barkan
Fotos von Lutz von weare Photographers